Der Glücksspielmarkt in Deutschland hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor entwickelt. Im Jahr 2018 wurde mit legalen und illegalen Angeboten ein geschätzter Umsatz von etwa 14 Milliarden Euro erwirtschaftet. Und auch die Werbung für Glücksspiel ist inzwischen allgegenwärtig. Prominente Sportler wie Oliver Kahn werben im Fernsehen zur besten Sendezeit für Apps von Sportwettenanbietern, über die in wenigen Klicks bei unterschiedlichen Sportarten auf eine Vielzahl von Ereignissen gesetzt werden kann. Auf Videoplattformen im Internet wie Twitch oder Youtube gibt es Kanäle mit über einer Million Abonnenten und mehreren tausenden Zuschauern täglich, auf denen Automatenspiele, Online-Poker und andere Arten des Glücksspiels live gestreamt werden. Teilweise wird dabei auch auf die Angebote der Casinos verlinkt und aktiv für Glücksspiel geworben, wobei auch Minderjährige häufig unter den Zuschauern sind. Gleichzeitig ist der Glücksspielmarkt, insbesondere im Internet, in vielen Bereichen unreguliert. Es herrscht eine große Rechtsunsicherheit darüber, welche Angebote zulässig sind und wie für diese geworben werden darf. Viele Anbieter und Nutzer bewegen sich in einem Graubereich oder in der Illegalität und dem Staat entgehen potenzielle Steuereinnahmen.
Geregelt wird das Glücksspielrecht in Deutschland seit 2008 durch die Bundesländer mit dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV), der zwischenzeitlich mehrfach angepasst wurde. Doch zwischen den Ländern herrscht große Uneinigkeit darüber, ob man die schnell wachsende Zahl von unregulierten Glücksspielangeboten lieber durch Verbote bekämpfen oder durch eine liberale Lizenzvergabe in geregelte Bahnen lenken soll. Im Frühjahr dieses Jahres haben sich die Länder nach jahrelangen und erfolglosen Versuchen nun vorläufig auf eine Neuregelung des Glücksspielrechts geeinigt. Der neue Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021), der am 21. Juli 2021 in Kraft getreten ist, sieht folgende Neureglungen vor:
Die Neuregelung des Glücksspielmarkts ab dem 21. Juli 2021
Im Internet neben Sportwetten und Lotterien zukünftig auch virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und andere Online-Casinospiele veranstaltet und vermittelt werden können. Das staatliche Lotteriemonopol bleibt bestehen. Für alle Angebote gilt weiterhin ein Erlaubnisvorbehalt unter den Für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Sportwetten gibt es eine zusätzliche Konzessionspflicht, wobei die Anzahl der auszugebenden Lizenzen nicht mehr limitiert ist. Für Online-Casinospielen, also die virtuelle Nachbildung von Buchhalterspielen, ist die Konzessionsvergabe dagegen begrenzt. Um den Spielerschutz zu verbessern, müssen die Anbieter ein System zur Spielsuchtfrüherkennung einrichten und überprüfen, ob ein Spieler in der zentralen Sperrdatenbank der Bundesländer eingetragen ist. Zudem muss den Spielern ermöglicht werden, ein monatliches anbieterübergreifendes Selbstlimit in Höhe von maximal 1000 € festzulegen. Die Anbieter müssen ein umfassendes Sozialkonzept entwickeln, in dem ausgeführt ist, wie die gesetzlichen Regelungen zum Jugend- und Spielerschutz umgesetzt werden sollen.
Glücksspielwerbung unter dem GlüStV 2021
Gemäß des neuen Glückspielstaatsvertrag ist erstmals die Werbung und das Sponsoring für die genannten Online-Glücksspiele zulässig sein. Die beiden Begriffe werden nicht weiter definiert. Für den Begriff der Werbung wird man sich an der alten Werberichtlinie der Länder orientieren können, obwohl der Entwurf nicht mehr auf diese verweist.
Die Werbemöglichkeit besteht nur für Anbieter, die eine Erlaubnis bzw. eine Konzession für das Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspielen innehaben. In der Erlaubnis hat die zuständige Behörde Regelungen bezüglich des Inhalts und Umfangs der Werbung zu treffen. Die Anbieter können aber auch Dritte mit der Durchführung der Werbung beauftragen. Gewerbliche Kooperationsverträge, z.B. mit Youtubern, Streamern und anderen Influencern, dürften daher unter der Neuregelung erstmals zulässig sein. Allerdings ist dabei die Kennzeichnungspflicht zu beachten. Denn der neue Staatsvertrag sieht ein explizites Verbot von Werbung vor, die als redaktionell gestalteter Inhalt getarnt ist.
Zukünftig sind auch aggressivere Arten der Werbung möglich. Eine ähnliche Entwicklung gibt es bei der Werbung gegenüber Minderjährigen. Diese ist zwar auch unter dem neuen Staatsvertrag verboten, allerdings sind Minderjährige nur insoweit als Empfänger von Werbung auszuschließen, als dies möglich ist. Demnach wäre wohl keine Identitätsüberprüfung beim Zugang zu Werbung notwendig. Vielmehr könnte es bei audio-visuellen Emissionen z.B. ausreichen, einen entsprechenden Hinweis vorzuschalten. Dem Jugendschutz dürfte dagegen die Regelung des § 5 Abs. 3 zugutekommen. Dieser sieht vor, dass zwischen 6 und 21 Uhr insgesamt keine Werbung im Rundfunk, also im Hörfunk und Fernsehen, sowie im Internet für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele erfolgen darf. Für werbende Glücksspiel-Streamer und Influencer wird das Nachtschichten bedeuten. Das reine Spielen von Glücksspielen im Internet vor Zuschauern dürfte dagegen auch in diesem Zeitraum weiter zulässig sein, wenn dabei keine werbenden Aussagen getroffen werden und kein verstecktes Sponsoring stattfindet. Ausgenommen von diesem Werbeverbot sind explizit Sportwetten, die ganztägig beworben werden dürfen, allerdings nicht unmittelbar vor oder während Live-Übertragungen und nicht mit aktiven Sportlern oder Vereinsfunktionären. Für Oliver Kahn als Vorstandsmitglied des FC Bayern dürfte diese Änderung also das vorläufige Werbeaus bedeuten. In Stadien ist zukünftig nur noch Dachmarkenwerbung auf Banden oder Trikots zulässig.
Fazit
Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 liberalisiert den deutschen Glücksspielmarkt in erheblichem Umfang.
Die Unterschiede zum bisherigen Glücksspielstaatvertags lassen sich tabellarisch wie folgt zusammen fassen:
1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag | Glücksspielstaatsvertrag 2021 |
Virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele verboten. Staatliches Lotteriemonopol. 20 Lizenzen für private Sportwettenanbieter (ab 2020 unbegrenzt) | Virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Sportwetten mit unlimitierter Konzessionsvergabe erlaubt. Online-Casinospiele mit eingeschränkter Konzessionsvergabe erlaubt. Staatliches Lotteriemonopol |
Werbung für Glücksspiel im Internet und Fernsehen verboten. Ausnahme: Staatliche Lotterie und Sportwetten mit staatlicher Konzession. | Werbung im Internet und Rundfunk für alle zulässigen Arten des Glücksspiels erlaubt, allerdings nur in der Zeit von 21 bis 6 Uhr. Ausnahme: Sportwetten, die ganztägig beworben werden können, jedoch nicht unmittelbar vor oder während Live-Übertragungen |
Sportwettenwerbung nur ohne aktive Sportler und Funktionäre. In Stadien nur Dachmarkenwerbung auf Trikots oder Banden | |
Algorithmen gestütztes System zur Suchtfrüherkennung | |
Umfassendes Sozialkonzept zum Jugend- und Spielerschutz | |
Zentrale Sperrdatei | Zentrale Sperrdatei mit Identitätsabgleich bei Anmeldung |
Monatliches anbieterübergreifendes Spiellimit von maximal 1000 € |
Fast alle Arten des Online-Glücksspiels werden legalisiert und auch die Werbung für diese Angebote erlaubt. Eine Konzessionsvergabe an private Anbieter wird bis auf Online-Casinospiele nun in unbegrenzter Zahl möglich sein. Das staatliche Glücksspielmonopol besteht fortan nur noch für Lotterien.
Gleichzeitig setzt der Entwurf klare Grenzen für die Art und den Umfang der Werbung für Glücksspiel, die zumindest gegenüber der faktischen aktuellen Situation eine Verschärfung darstellen dürften. Zu erwarten ist auch, dass die Aufsichtsbehörden der Länder zukünftig härter gegen unerlaubte Glücksspielwerbung im Internet vorgehen werden, weil der neue Staatsvertrag diesbezüglich eindeutige Regelungen schafft. Ob sich die Online-Casinos, Sportwettenbetreiber und sonstigen Anbieter von Glücksspielen nun aber tatsächlich um eine deutsche Konzession bemühen werden, bleibt abzuwarten. Der EuGH und die nationalen Gerichte werden sich in den nächsten Jahren sicherlich auch mit dieser neusten Glücksspielreform beschäftigen müssen.
Kommen Sie gern auf uns zu
Bei weiteren Fragen für Ihr Glücksspielangebot oder zur Bewerbung des Angebots sowie bei rechtlichen Problemen oder aufgrund einer Abmahnung Ihres Onlineshops wegen der Pflichten aus dem Glücksspielrecht können Sie gern Kontakt zu unserer Kanzlei aufnehmen.
Vertiefende Informationen, insbesondere zu den rechtlichen Grundlagen der Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag finden Sie in dem zweiteiligen Fachaufsatz, den Herr Dr. Lodigkeit in der juristischen Fachzeitschrift Anwaltszertifikat ITR veröffentlicht hat: