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Qype-Übernahme durch Yelp sorgt für Chaos: Kleinbetriebe kämpfen um ihre Existenz
Der NDR berichtet am 4.12 um 18:45 Uhr in der Sendung „DAS!“ in dem Beitrag unter dem Titel „Bewertungschaos im Internet“ über die Folgen der Qype Übernahme durch Yelp und befragte hierzu Rechtsanwalt Dr. Lodigkeit zu den rechtlichen Möglichkeiten der betroffenen Kleinunternehmen, die durch eine Neuordnung der Bewertungen und einem neuen Filter weniger Kunden haben als vorher. Den Beitrag der Sendung können Sie auf der Seite des NDR betrachten.
Bewertungsportale im Internet sind seit vielen Jahren in Mode. Auf diesen können Kunden beispielsweise ihren Besuch im Restaurant, beim Frisör oder auch beim Zahnarzt bewerten und mit ihrer Erfahrung die ungeschminkte Wahrheit über das Geschäft oder das Gewerbe über die Weiten des Webs verbreiten. Das schafft einerseits Transparenz, bedeutet bei positiven Empfehlungen und Bewertungen auch eine günstige Werbung für die Unternehmen.
Zum deutschen Marktführer in diesem Bereich zählt seit vielen Jahren das im Jahre 2005 gegründete Portal Qype. Ende 2012 kaufte sich der US-amerikanische Konkurrent Yelp bei Qype ein und übernahm das Unternehmen schließlich komplett. Vor wenigen Wochen, ab 30. Oktober wurde das Portal von Qype endgültig abgelöst und der Datenbestand bei Yelp integriert.
Gleichzeitig wurden sämtliche Bewertungen und Erfahrungsberichte dem hauseigenen Filter unterzogen, der allem Anschein nach strengere Regeln und Prüfungsmethoden aufweist. Plötzlich ist ein Großteil der positiven Bewertungen verloren gegangen und werden Empfehlungen der Mitglieder neu angeordnet.
Zum Ungemach vieler Gewerbetreibende und Geschäftsinhaber entsteht nun eine vollkommen neue Darstellung, denn die durchschnittlichen Bewertungen durch die User sind teilweise massiv gesunken, negative Kommentare in den Vordergrund gerückt sowie eine Vielzahl an positiven Stimmen gänzlich verschwunden.
Haben sich bestimmte Betriebe und Geschäfte über viele Jahre hinweg so einen guten Ruf im Internet verschaffen können oder tagtäglich viele Kunden allein auf Grundlage dieser Empfehlungen begrüßen können, stehen sie praktisch wieder bei Null oder müssen jetzt sogar um ihre Existenz kämpfen, wie unter anderem auch der stern berichtetet.
Rechtlich Einschätzung
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass zwischen den Benutzern (Privatpersonen oder Geschäftskunden) und dem Bewertungsportal ein Vertrag geschlossen worden ist, welcher dem Anbieter auch das Recht der Filterung und Kontrolle vorbehält, um so Fake-Einträge oder massenhafte Eigenwerbung möglichst gering zu halten. So steht in Punkt 2.5 Abs. 3 Satz 3 der Qype Nutzungsbedingungen (gültig vom 28.05.2013): „Einen Anspruch auf Veröffentlichung ihrer Bewertungen haben Qype Mitglieder nicht“.
Nach diesen Nutzungsbedingungen müssen die Bewertungen der Wahrheit entsprechen, sachlich und genau sein (Punkt 2.5 Abs. 2 b), c) ) und dürfen keine (offene oder versteckte) Werbung darstellen (Punkt 2.5 Abs. 2 j) ). Ferner sehen diese Regelungen eine Sperrung der Bewertung vor, wenn diese gegen gesetzliche Bestimmungen oder die Nutzungsbedingungen verstoßen (Punkt 2.5 Abs. 3), und berechtigen den Seitenbetreiber, einzelne Bewertungen der Qype Mitglieder nach ihrer Aktivität und ihrem Feedback zu gewichten. Dies soll der Qualitätssteigerung und Glaubwürdigkeit der Inhalte dienen.
Demgegenüber stehen die Rechte der Benutzer. Die User eines solchen Bewertungsportals können sich üblicherweise auf ihr verfassungsrechtlich in Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG verankerte Grundrecht auf die freie Meinungsäußerung berufen. Welch hoher Bedeutung der Meinungsfreiheit bei Bewertungsportalen zugeschrieben wird in der Rechtsprechung, beweist die „spickmich“-Entscheidung des BGH (BGH, Urteil v. 23.06.2009, Az. VI ZR 196/08). Danach dürfen Schüler die jeweiligen Klassenlehrer in einem bestimmten Benutzerkreis nach Schulnoten für ihre menschlichen Eigenschaften bewerten, selbst wenn dies zum Teil zu herben negativen Benotungen führt. Die Löschung von bereits abgegeben Bewertungen könnte so unter Umständen die User in ihrer Meinungsfreiheit verletzten, sofern dieses nicht im Rahmen der Nutzungsbedingungen geschieht.
Ein wenig anders gestaltet sich die rechtliche Situation für die Unternehmen. Durch gelöschte oder ausgeblendete Bewertungen wird ihre Reputation deutlich berührt und ein über eine lange Zeit aufgebauter und gepflegter Ruf geschadet. Dies kann zum einen ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs darstellen, zum anderen aber auch das Unternehmenspersönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG berühren sowie unter Umständen verletzten. Denn Letzteres schützt gewissermaßen auch den guten Ruf bzw. das Image eines Unternehmens, welcher hier durch die unfreiwillige Neubewertung in jedem Fall verloren geht. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik oder auf sonstige Weise rechtswidrige Inhalte handelt, welche sich auf die Reputation und Bekanntheit des Unternehmens auswirken. Dies wurde beispielsweise angenommen bei einer Berichterstattung über Unregelmäßigkeiten einer Call-in-Show und fehlender Beweise über diese Manipulation durch das Unternehmen (OLG München, Beschluss v. 23.04.2010, Az. 18 W 688/10). Eine einzelne Bewertung durch einen Kunden getragen von der Meinungsfreiheit wie ein Kommentar „miserabler Service“ ist jedoch zulässig und überwiegt dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht (LG Köln Urteil vom 08.05.2013 / Az. 28 O 452/12).
Erkennt man jedoch ein über Jahre aufgebautes Feedback durch Benutzer, Gäste und auch das „Schweigen“ von Kunden, die somit wohl nichts auszusetzen hatten, als ein allgemeingültiges Siegel an, entsteht daraus eine objektive und allgemeine Beurteilung, die letztlich als Spiegelbild der tatsächlichen Situation mit einer Tatsachenbehauptung vergleichbar ist.
Ferner muss nach allgemeiner Gesetzeslage und unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB ein öffentliches Bewertungsportal einem erkennbaren und für alle Teilnehmer gleichen Maßstab unterliegen und darf nicht allein auf Willkür oder Zufall beruhen. Verzerrte Bilder durch unklare Filterungen oder komplizierte Anforderungen an eine Bewertungsfunktion stellen das gesamte Geschäftsmodell eines öffentlichen, transparenten Bewertungsportals und folglich auch die Informationsfreiheit des Internets infrage. Dem Unternehmen stünden dann möglicherweise Ansprüche aus ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht auf Unterlassen, Widerruf, Berichtigung oder sogar Schadensersatz zu. Den Gewerbetreibenden und Geschäftsinhabern dürfte somit zumindest ein Anspruch auf Widerruf oder Berichtigung gegenüber Yelp zu stehen, um so die alten Bewertungen zurückzuerhalten oder jedenfalls eine Überarbeitung des Filters zu erreichen. Alternativ käme ein kompletter Neustart sämtlicher Bewertungen in Betracht.
Ob Yelp hierauf eingehen wird, darf aber angesichts der Äußerungen des Pressesprechers bezweifelt werden, der erneut die Richtigkeit des Systems bekräftigte. Zumal sich Qype bzw. Yelp das Recht der Löschung oder Gewichtung von Bewertungen in den Nutzungsbedingungen vorbehält, denen sowohl die Mitglieder als auch die Premium-Mitglieder zugestimmt haben.