Nach einem Urteil des Landgerichts Köln (Urteil vom 30.11.2010, Az.: 18 O 150/10) hat ein…
Das neue Verpackungsgesetz – Das sollten Sie als Onlinehändler wissen
A. Einleitung
Mit Beginn des Jahres 2019 ist das neue Verpackungsgesetz in Kraft getreten. Es enthält einige Regelungen, die für Onlinehändler relevant werden, da sie ihnen neue Pflichten auflegen.
B. Überblick über Verpackungsgesetz
Das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) heißt eigentlich „Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen“ und wurde mit dem Ziel erlassen, Verpackungsabfälle zu vermeiden und deren Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern. Um diesen wichtigen Vorsatz zu erreichen, hat sich der Gesetzgeber einige Mechanismen einfallen lassen, mit denen auch solche Verwender von Verpackungen zu wirksamen Änderungen ihres Verhaltens animiert werden, die sich ihrer Verantwortung in diesem Bereich bis jetzt noch nicht bewusst waren.
Verpackungen im Sinne des Verpackungsgesetzes sind alle Erzeugnisse, die der Aufnahme, Handhabung, Lieferung oder Darbietung von Waren dienen, die ihrerseits vom Rohstoff bis zum Verarbeitungserzeugnis reichen können. Das Gesetz zielt nur auf Verpackungsmüll ab; die sogenannten stoffgleichen Nicht-Verpackungen sind davon nicht erfasst.
Es gibt verschiedene Arten von Verpackungen:
1. Verkaufsverpackungen
Eine Verkaufsverpackung ist eine aus einem beliebigen Material hergestellte Verpackung zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung oder zur Darbietung von Waren. Zu den Verkaufsverpackungen werden Serviceverpackungen und Versandverpackungen gezählt.
2. Umverpackungen
Durch eine Umverpackung wird eine bestimmte Anzahl von Verkaufseinheiten zusammengefasst, beispielsweise werden Getränkeflaschen zusammengeschweißt und mit einem Griff versehen.
3. Transportverpackungen
Eine Transportverpackung soll die Handhabung und den Transport von Waren erleichtern, indem die direkte Berührung und Transportschäden vermieden werden. Transportverpackungen sind typischerweise nicht zur Weitergabe an den Endverbraucher bestimmt. Als Beispiel dient eine Palette („Euro-Palette“).
Bestimmte Verpackungen sind systembeteiligungspflichtig. Das bedeutet, die Hersteller müssen sich an (mindestens) einem System zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme finanziell beteiligen. Systembeteiligungspflichtig sind mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen. Als private Endverbraucher gelten jedoch auch die vergleichbaren Anlaufstellen wie beispielsweise Hotels, Raststätten, Kantinen, Kinos, Museen und viele andere.
Weiterhin ist erwähnenswert, dass das Verpackungsgesetz einen eigenen Begriff des Herstellers einer Verpackung benutzt. Es kommt nämlich für die Eigenschaft als Hersteller nicht darauf an, ob man eine Verpackung produziert, sondern auf das erstmalige Inverkehrbringen einer mit Ware befüllten Verpackung. Der Vorgang des Befüllens einer Verpackung mit Ware findet jedoch in fast jedem Betrieb statt, egal welche Art von Geschäft in welchem Umfang betrieben wird. Deshalb können auch Importeure, Versand- und Online-Händler betroffen sein. Verwendet beispielsweise der Betreiber eines Onlineshops einen Versandkarton für die Verpackung seiner Waren als Paket und lässt sie mit einem Paketservice an den Endkunden versenden, gilt er als Hersteller im Sinne des Verpackungsgesetzes.
C. Pflichten für Online-Händler
Wie man anhand der breiten Begriffe des Herstellers und des privaten Endverbrauchers erkennen kann, ist der Geltungsbereich des Verpackungsgesetzes nicht auf eine kleine Sparte spezieller Vorgänge beschränkt. Es ist vielmehr so, dass nahezu jeder Händler und jede Verpackung die Definitionen erfüllt und daher vom Regelungsgehalt des Verpackungsgesetzes erfasst wird.
Aus dem Verpackungsgesetz erwachsen daher auch für Online-Händler einige Verpflichtungen. Teilweise bestanden diese sogar schon vor Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes, wurden jedoch noch nicht wahrgenommen, weil ihre Einhaltung auch weniger effizient kontrolliert wurde.
Registrierungspflicht
Gilt man als Hersteller im Sinne des VerpackG, ist man zunächst verpflichtet, sich in das zentrale Register eintragen zu lassen. Dazu wurde die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) eingerichtet. Sie betreibt das elektronisch arbeitende Verpackungsregister LUCID, welches komplett öffentlich ist. In das Register werden auch die Daten eingetragen, die aus dem Beteiligungsvertrag mit dem Systembetreiber stammen. Diese muss man der ZSVR gesondert mitteilen. Anhand der eingetragenen Registrierung ist es mühelos einsehbar, wer sich ordnungsgemäß an einem System beteiligt[1]. Verstößt man gegen die Pflicht zur Registrierung, darf man keine Verpackungen in Verkehr bringen oder zum Verkauf anbieten. Tut man es doch, muss man mit einem Bußgeld von bis zu 200.000 Euro rechnen.
Systembeteiligungspflicht
Mit der Registrierungspflicht geht die Systembeteiligungspflicht Hand in Hand. Als Hersteller muss man sich an (mindestens) einem System zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme von Verpackungen beteiligen. Diese Pflicht besteht unabhängig von der Art und Menge der benutzten Verpackungen. Die Systeme werden im normalen Sprachgebrauch als „Duale Systeme“ bezeichnet und sorgen für die Rückführung der leeren Verpackungen vom Verbraucher in die Verwertung. Dazu beauftragen sie – meistens – Entsorgungsunternehmen, die den Verpackungsmüll bei den Haushalten abholen. Es gibt auch die Möglichkeit, dass in der Nachbarschaf Container aufgestellt oder zentrale Wertstoffsammelstellen eingerichtete werden, zu denen der Verpackungsabfall von den Verbrauchern gebracht werden muss. Um die Kosten für diese Systeme besser zu verteilen, sollen sich die Hersteller finanziell beteiligen. Dazu muss ein Systembeteiligungsvertrag zwischen dem Hersteller und Systembetreiber abgeschlossen werden. Darin wird auch die Höhe der von dem Hersteller zu zahlenden Entgelte festgelegt. Das Verpackungsgesetz sieht bezüglich der Höhe dieser Entgelte vor, dass durch sie ein Anreiz zur Verwendung von recycelten und recycelbaren Materialien sowie nachwachsender Rohstoffe geschaffen wird. Also kann der Systembetreiber die Gebühren nicht unendlich in die Höhe schießen lassen.
Es gibt zwei mögliche Ausnahmen von der Systembeteiligungspflicht.
Bestimmte Hersteller können ihre Pflicht zur Systembeteiligung auf den Vorvertreiber der von ihr verwendeten, Verpackungen übertragen. Das gilt jedoch nur für Vertreiber, die nur systembeteiligungspflichtige Serviceverpackungen herstellen. Serviceverpackungen werden erst beim Letztvertreiber gefüllt, um die Übergabe von Waren an den Endverbraucher zu ermöglichen oder zu unterstützen.
Außerdem kann eine sogenannte Branchenlösung eingerichtet werden, um der Systembeteiligungspflicht zu entgehen. Dann nehmen die Hersteller die Verpackungen selbst oder durch zwischengeschaltete Vertreiber zurück und führen sie der Verwertung zu. Dabei können mehrere Hersteller derselben Branche zusammenarbeiten, wenn sie einen Träger der Branchenlösung bestimmen. Diese Variante der Pflichterleichterung gilt jedoch nicht für Hersteller von Einweggetränkeverpackungen.
Pflicht zur Abgabe einer Vollständigkeitserklärung
Falls die Menge der in Verkehr gebrachten Verpackungen die Bagatellgrenzen des Verpackungsgesetzes überschreitet, muss man jährlich zum 15. Mai bei der ZSVR eine Vollständigkeitserklärung abgeben. Die Grenzen liegen bei 80 Tonnen Glas, 50 Tonnen Papier, Pappe und Karton sowie 30 Tonnen bei Eisenmetallen, Aluminium, Getränkekartonverpackungen oder sonstigen Verbundverpackungen. Die Vollständigkeitserklärung kann nur ordnungsgemäß abgegeben werden, wenn sie vorher durch einen bei der ZSVR registrierten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchprüfer geprüft wurde. Außerdem kann die Erklärung nur in elektronischer Form hinterlegt werden und ihre fachliche Prüfung muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur bestätigt werden. Die Bagatellgrenzen werden von Onlineshops in gewöhnlichen Größen zumeist nicht überschritten, sodass sie die Vollständigkeitserklärungspflicht nicht trifft.
D. Handlungsempfehlungen für Onlinehändler
Da alle Onlinehändler ihren Pflichten aus dem Verpackungsgesetz nachkommen müssen, um insbesondere eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung zu entgehen, empfehlen sich folgende Maßnahmen:
1. Registrierung
Stellen sie einen Antrag zur Registrierung bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister. Dies funktioniert online und kostenlos über das Webportal https://lucid.verpackungsregister.org/.
2. Kostenvergleich und Vertragsschluss
Die meisten Systembetreiber bieten auf ihren Webseiten eigene Rechnungsmodule an, mit deren Hilfe die voraussichtlich zu zahlenden Beteiligungsentgelte („Lizenzen“) errechnet werden können. Es lohnt sich, die Höhe der Beteiligungsentgelte der einzelnen Systembetreiber zu vergleichen und mit dem individuell besten oder günstigsten System einen Beteiligungsvertrag abschließen. Auch der Vertragsschluss verläuft in der Regel online über die Webseite des jeweiligen Systembetreibers.
3.Daten an die ZSVR übermitteln
Die zum Abschluss des Systembeteiligungsvertrages angegebenen Daten müssen der ZSVR mitgeteilt werden. Dazu kann erneut das Portal LUCID genutzt werden.
4. Berechnung Vollständigkeitserklärung
Auf Grundlage der bereits durchgeführten Berechnung der voraussichtlich in Verkehr gebrachten Verpackungen kann ermittelt werden, ob die Verpflichtung zur Abgabe einer Vollständigkeitserklärung besteht. Die Grenzen liegen bei
- 80 Tonnen Glas,
- 50 Tonnen Papier, Pappe und Karton sowie
- 30 Tonnen bei Eisenmetallen, Aluminium, Getränkekartonverpackungen oder sonstigen Verbundverpackungen
5. Kommen Sie gern auf uns zu
Bei weiteren Fragen zur Registrierung sowie bei rechtlichen Problemen oder aufgrund einer Abmahnung Ihres Onlineshops wegen der Pflichten aus dem Verpackungsgesetz können Sie gern Kontakt zu unserer Kanzlei aufnehmen.
Vertiefende
Informationen, insbesondere zu den rechtlichen Grundlagen der Verpflichtungen
aus dem Verpackungsgesetz finden Sie in dem zweiteiligen Fachaufsatz, den Herr Dr. Lodigkeit
in der juristischen Fachzeitschrift Anwaltszertifikat ITR veröffentlicht hat:
[1] Das sogenannte Herstellerregister ist unter https://oeffentliche-register.verpackungsregister.org/Manufacturer einsehbar (aufgerufen am 15.03.2019).